Die von mir am Psychologischen Institut der Universität Bonn im Jahr 1970 begonnenen Forschungen zur Psychologie der Mensch-Tier-Beziehung haben zunächst die Bedeutung eines Hundes für die wesentlichen Bedürfnisse der persönlichen Lebensqualität von Menschen ausfindig machen können (Geselligkeit, soziale  Anregung, Kommunikation, Lebensfreude, emotionale Zuneigung, Ordnung des Tagesablaufs, Vermittlung sozialer Kontakte, Körpertraining, Naturverbundenheit u.a.). In zunehmendem Maße haben wir uns dann in unserer Forschungsgruppe zur Psychologie der Mensch-Tier-Beziehung mit der Anwendung der gewonnenen wissenschaftlichen Erkenntnisse auf aktuelle individuelle und gesellschaftliche Risikofelder beschäftigt. Die in diesem Zusammenhang aktuellen empirischen Untersuchungen bezogen sich u.a. auf die Themen Hunde als Prävention und Therapie bei Kreislauferkrankungen und Stresspatienten, Tiere und deren Wichtigkeit bei der Bewältigung der zunehmend an Bedeutung gewinnenden Risikofaktoren des Alterns (Vereinsamung, Gefühlsverarmung, Vorurteile, Depression, Selbstvernachlässigung, Demenz, Verlust sozialer Unterstützung, Belastungen der Heimsituation in Alten- und Pflegeheimen u.a.), aber auch auf den Einsatz eines Hundes bei der Rehabilitation von schwerbeschädigten Rollstuhlabhängigen (Hunde als Katalysatoren sozialer Kontaktfindung, Vermittlung von Selbstvertrauen, Lebenssinn, allgemeine Gesundheitsförderung), die Analyse des Leistungsprofils eines Blindenhundes (erhöhte Selbständigkeit, Unabhängigkeit, mehr an Mobilität, Beweglichkeit, Orientierungssicherheit im Straßenverkehr, Verminderung von Orientierungsängsten u.a.). Auch in vielfältigen alltäglichen Risikosituationen bei Kindern in Scheidungskrisen oder auch schulischem Leistungsversagen konnten wir die erstaunlichen Effekte tiergestützter Interventionen ausfindig machen. Unsere Untersuchungen dokumentieren nicht nur eine Vielzahl pädagogischer, präventiver, rehabilitativer und therapeutischer, tiergestützter, wissenschaftlich begründeter Möglichkeiten, sondern bei Berücksichtigung der demographischen gesellschaftlichen Rahmenbedingungen und der Häufigkeit des Auftretens psychologischer wie auch körperlicher Krankheitsbilder den großen und noch ansteigenden Bedarf an entsprechend ausgebildeten Hunden wie auch deren Halter mit entsprechender Qualifikation. Wissenschaftliche Erkenntnisse wollen immer in praktisches Handeln und Verhalten umgesetzt werden. Ein ganz wesentliches Scharnier für eine adäquate zielgruppenspezifische Umsetzung und erfolgsorientierte Anwendung wird im Nürnberger Raum durch das herausragende ehrenamtliche Engagement der Mitglieder des Vereins „Therapiehunde  Franken“ geleistet.

Die Konzepte und Angebote, letztlich der Leistungskatalog dieses Vereins – und dies gilt nur in sehr eingeschränktem Maße für die auf diesem Markt sonst vorhandenen Angebote –, hält immer auch der wissenschaftlichen Überprüfung stand. Und dies ist letztlich in der Systematik der Aus- und Fortbildung mit entsprechenden leistungsbezogenen Prüfungen für Mensch und Hund begründet; diese beinhalten die Grundlagen der artgerechten Haltung, der verhaltenswissenschaftlichen Grundkenntnisse, der Psychologie der Mensch-Hund-Beziehung, der Hygiene und Ernährung, der Erziehung und des Trainings von Hunden. Wer mit seinem Hund in unterschiedlichen Risikofeldern mit unterschiedlichen Krankheitsbildern arbeitet, muss sich aber auch unter dieser Perspektive ein gewisses Grundwissen aneignen; es ist sicherlich wesentlich für einen Mitarbeiter, das Erlebnisumfeld eines Hundes zu kennen, in dem er dann zum Einsatz kommen soll. Nur die enge, immer wieder aktualisierte Verbindung von wissenschaftlichen Erkenntnissen, der sich kontinuierlich verändernden gesellschaftlichen und medizinischen  Veränderungen, aber auch dem Vorhandensein einer ausgeprägten persönlicher Leistungsmotivation für eine sich freiillig gestellte persönliche Aufgabe machen ein erfolgreiches Arbeiten im Felde tiergestützter Intervention möglich.

„Therapiehunde Franken“ erfüllt die vielfältigen Anforderungen, die in den verschiedenen Anwendungsfeldern gestellt werden, in engagierter und differenzierter     Form. Ich freue mich immer wieder, wenn die praktizierte Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft und Praxis auf einem anspruchsvollen Niveau in dieser Form weitergeführt und weiterentwickelt wird, wie dies zum Wohl von Menschen und Tieren schon jetzt praktiziert wird. Allerdings gilt es bei allem Einsatz von Hunden, die wissenschaftliche Grunderkenntnis nie aus dem Auge zu verlieren, die besagt, dass Hunde ihre lebensstilprägende, pädagogische, präventive, rehabilitative und therapeutische Wirkung nur dann zu entfalten vermögen, wenn eine eindeutig positive, konstante, partnerschaftliche Mensch-Tier-Beziehung vorliegt und die Bedürfnisse des Tieres hinreichend respektiert werden, also eine artgerechte Haltung gewährleistet ist.

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o. Prof. Dr. phil. Dipl.-Psych. Reinhold Bergler

Psychologisches Institut der Universität Bonn

Forschungsschwerpunkte: Sozialpsychologie; Hygieneforschung und Gesundheitspsychologie; Markt- und Organisationspsychologie; Psychologie der Mensch-Heimtier-Beziehung.

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